//Gut, da ich in letzter Zeit öfter entsprechende Gespräche geführt habe, hier meine persönliche und, zugegeben, etwas verkürzt-polemische FAQ zur Blockchain in der Energiewirtschaft. Schauen Sie sicherheitshalber auch aufs Datum dieses Beitrags, vielleicht hat sich ja inzwischen die Welt weitergedreht.. Siehe auch.//
Q: Ich bin Stadtwerk, Gemeindewerk bzw. Regionalversorger - brauche ich Blockchain? A: Nein.
Q: Aber.. A: Nein!
Q: Warum denn nicht? A: Im Grundsatz ist Blockchain eine Technologie zur Lösung von Problemen, die wir in der //europäischen Energiewirtschaft// so nicht haben. Sie kann dort sinnvoll sein, wo unter den Teilnehmern kein Vertrauen herrscht, und es auch keine zentale vertrauenswürdige Instanz gibt. Wir in Europa haben eine strenge Regulierung, in der das Verhalten aller Marktteilnehmer eng beaufsichtigt und eine relevante Abweichung empfindlich geahndet werden kann. Per Definition können und müssen die Marktteilnehmer einander also vertrauen. Die Regulierung schreibt in wichtigen Teilbereichen außerdem vor, was zwischen Unternehmen bzw. auf dem Markt erlaubt bzw. zu tun ist oder nicht. Blockchain ist in den regulierten (Kommunikations-)Bereichen nicht zugelassen und dort ohne sinnvollen Anwendungsfall, in den unregulierten Bereichen ohne echte breithin akzeptierte Anwendung.
Q: Geht's auch ein bisschen technischer? A: Sicher. Immer, wenn Sie "Blockchain" hören, setzen Sie im Geiste mal "Replizierende Spezialdatenbank"/"Ewiges Logfile" mit schwankender, nicht-garantierter Transaktionsgeschwindigkeit und tendentiell immer schlechter werdender Energieeffizienz. Es muss 50,1%-Konsens herrschen, damit ein Neueintrag gültig wird. Wollen Sie Ihrer IT ohne Not NOCH ein System aufs Auge drücken, NOCH eine Indirektion?
Was ist denn, wenn sich ein 50,1%-Kartell bildet und Ihre Einträge ablehnt? Wenn Sie von //Smart Contracts// hören, die auf einer Blockchain ausgeführt werden, fragen sie bei den Technikern mal nach, ob der betreffende Code beweisbar ohne Seiteneffekte ist. Stellen Sie Ihrem Hausjuristen die Frage, ob und wie ein derartiger Smart Contract wirklich unmittelbar ein Vertrag sein kann. Fragen Sie sich, ob sie so etwas beispielsweise im automatisierten Energiehandel haben wollen - wo Sie sich doch in einer Umgebung ohne Vertrauen wähnen? Wenn Sie niemandem vertrauen, warum würden sie in Code gegossene geldwerte Entscheidungslogik in eine öffentliche Blockchain gießen? Sind Sie clever genug, Ihren Code wirklich Exploit-sicher zu gestalten? Und wollen Sie mit Hilfe einer Blockchain einander "einfach nur" Transaktionen bestätigen, denken Sie daran, dass eine De-Pseudonymisierung/Anonymisierung unter Umständen relativ einfach möglich ist.
Q: Aber jeder macht doch was mit Blockchain. A: Ja. Auch Sie sollten sich tatsächlich mit dem Thema beschäftigen. Setzen Sie beispielsweise ein paar pfiffige Azubis/Duale Studenten auf das Thema an. Führen Sie regelmäßig Fachgespräche und beteiligen Sie sich in einer Art "Smart Follower"-Strategie gerne an Forschungsprojekten, um ein Gefühl für die Sache zu entwickeln. Das ist außerdem gut für die Außenwirkung. Und insbesondere: Engagieren Sie sich im Umfeld der neuen Blockchain-Initiative, die gerade aus der [https://www.edna-energy.de/blog/blockchain-in-der-energiewirtschaft-neue-aufgaben-bei-edna/ EDNA heraus entsteht.] Da sind gute Leute mit Sachverstand und Bodenhaftung unterwegs. Mit denen werden Sie sicher herausfinden, ob, wie und wann Blockchain wirklich in Ihren Werkzeugkasten passt. [https://www.gartner.com/smarterwithgartner/top-trends-in-the-gartner-hype-cycle-for-emerging-technologies-2017/ Noch ist das Thema aber ziemlich weit links im Hype-Cycle.]