Mit der "Liberalisierung" sollte es auf dem Energiemarkt besser werden für den Kunden: Mehr Wettbewerb gleich bessere Preise und Produkte, so jedenfalls die Idee.
Für die Umsetzung dieses Gedankens spielt jedoch ein gut austarierter, funktionierender Ordnungsrahmen eine entscheidende Rolle. Das musste jedenfalls der US-amerikanische Bundesstaat Kalifornien lernen (vgl. Bardt 2005, S. 32f): Seine Bevölkerung tappte im Sommer 2000 im Dunkeln, oder besser: Sie kam ins Schwitzen, denn es fehlte der Strom für die Klimaanlagen.
Kaliforniens Strommärkte waren damals bereits seit Jahren liberalisiert und entflechtet. Die Regulierung sah vorab freigegebene Preisobergrenzen vor, sogenannte "price caps". Dies machte für die Unternehmen am Markt Investitionen unattraktiv. Erhalt und Erweiterung der Energieinfrastruktur blieben damit auf der Strecke. Dazu kam, dass ein Genehmigungsverfahren für den Kapazitätszubau sich lange durch die beteiligten Behördeninstanzen ziehen konnte. Es gilt allerdings: Je länger der Zeitraum ist, der ein Unternehmen zu überblicken hat, desto größer sind die möglichen Risiken. Insofern war es für die Unternehmen einzelwirtschaftlich gleich doppelt sinnvoll, Erhaltungs- und Erweiterungsinvestitionen zurückzufahren. So konnten sie ihre angestrebte Gewinnmarge auf die gekappten Preise halten.
Der Kraftwerkspark, die Infrastruktur im allgemeinen, war also längst überaltert, während in den 90ern Kaliforniens Wirtschaft und Bevölkerung gleichermaßen zugelegt hatten.
Dann kam dieser heiße, trockene Sommer. Die grundlasttragenden Wasserkraftwerke konnten deutlich weniger Strom als die Jahre zuvor produzieren. Ein Teil der anderen Kraftwerke war in der Wartung, sowohl geplant als auch -- ungeplant (vgl. Kumkar 2001, S. 32f). Die zuständigen Unternehmen sprachen sich bei den Abschaltungen nur ungenügend ab. Die Bevölkerung nutzte derweil Klimaanlagen, um sich in der Hitze Linderung zu verschaffen.
Die so entstehenden Nachfragespitzen trafen aufgrund der ausgefallenen Kraftwerke auf ein Angebotsloch. Und dann hatten die Übertragungsnetze, die den Strom über weite Strecken transportieren, nicht die Kuppelkapazität, um von angrenzenden Bundesstaaten ausreichend Strom importieren zu können. Die Netzstruktur war schlicht noch nicht auf die geänderten Anforderungen eines liberalisierten Markts eingestellt (vgl. Kumkar 2001, S. 35f).
Der eingangs erwähnte Price Cap sorgte dafür, dass auf dem Markt in dieser Situation kein deutliches Preissignal zu sehen war. Strom war weiterhin billig genug, warum sollte man also bei der Hitze seine Klimaanlage ausstellen..?
Allerdings stellt beispielsweise Kumkar deutlich heraus: Hohe Preise als Marktergebnis müssen nicht unbedingt Zeichen von Marktmacht bzw. deren Missbrauch sein – sie können auch valides Ergebnis funktionierenden Wettbewerbs sein. Die gesetzte Preisobergrenze sorgte dafür, dass an dieser Stelle jene "lenkende Hand" nicht greifen konnte.
Stromausfälle waren die Folge, immer wieder.
In Kalifornien führten damit in jenem Sommer die einzelwirtschaftlichen Interessen (Investitionszurückhaltung, Nutzungsverhalten, ..) zu einem gesamtwirtschaftlich wenig gewünschten Wettbewerbsergebnis.
Es bleibt also festzustellen: Liberalisierung bedeutet nicht nur mehr Wettbewerb im Interesse des Kunden. Liberalisierung bedeutet auch, dass es mehr Aufgaben und Sorgfaltspflichten für Wettbewerbsaufsicht und Regulierung gibt. Denn wer die Spielregeln formuliert, darf sich nicht wundern, wenn auch entsprechend gespielt wird.
Die Urfassung dieses Beitrags war ursprünglich das Kapitel 2.4. meiner Diplomarbeit 'Die Europäische Elektrizitätswirtschaft und das wachsende Europa' für die EnBW Energie Baden-Württemberg.
Etwas gemischte Nachrichten aus zwei sehr verschiedenen Ecken im Land der unbegrenzten Möglichkeiten: Einerseits gab es erneut einen kleineren Vorfall im Kernkraftwerk Three Misle Island bei Harrisburg (Pennsylvania), andererseits auch gute Nachrichten au
Aufgenommen: Sep 21, 11:36